Karfreitag 2009

 

Auch dieses Jahr fand am 10.04.2009 um 21:00 Uhr wieder eine Karfreitagsmeditaion statt.
(Im Folgenden ein Auszug aus den Texten)

"Wenn der Hahn kräht..."



Der Hahn

Verdammter Hahn.
Jede Nacht höre ich ihn krähen 
und schmecke den Rauch 
des Wachfeuers auf der Zunge. 
Und höre die pockennarbige Magd, 
die mit den Haarzotteln:
Warst du nich bei ihm?
Und höre mich sagen:  Nein. 
Und sehe bei der Glut die Soldknechte würfeln.
Und sehe die Hände, 
- die mich befreiten - gefesselt. 
Und spüre den Blick beim Qualm der Fackel, 
das blutige Auge, 
das mich sucht.
Und wende mich ab – und sage:
Ich bin es nicht.
Verdammter Hahn.
Jede Nacht schneide ich ihm den Hals ab.
Doch das Vieh kräht.
Kräht unter dem Messer.

(Rudolf Otto Wiemer
aus:  „Ernstfall. Gedichte“)



Meine Brüder und Schwestern 
hat er von mir entfernt, 
meine Bekannten sind mir entfremdet. 
Meine Verwandten blieben aus, 
die Gäste meines Hauses 
haben mich vergessen. 
Als Fremder gelte ich meinen Mägden,
von anderem Stamm bin ich in ihren Augen. 
Rufe ich meinen Knecht, 
so antwortet er nicht;
mit eigenem Mund muss ich ihn anflehen. 
Mein Atem ist meiner Frau zuwider;
die Kindern meiner Mutter eckelt es vor mir.
Buben verachten mich,
stehe ich auf, so verhöhnen sie mich. 
Alle meine Gefährten verabscheuen mich, 
die, die ich liebe, 
lehnen sich gegen mich auf. 

(nach: Ijob 19,13 – 19
aus: Benedict Schmitz: „Gehen, wo er ging“)




Das Kreuz ...

Herr, warum soll ich mir das antun?
Der Anblick deines Kreuzes ist alles andere
als angenehm. 
Ich sehe dein verletztes und entstelltes Gesicht, 
ohne jede menschliche Würde.
Ich sehe dein qualvolles Leiden und dein 
grausames Sterben.
Wie eine Schildkröte, 
die ohnmächtig und hilflos auf dem Rücken liegt,
hat man dich aufs Kreuz gelegt und festgenagelt. 
Warum gehst du diesen Weg?
Du stellst dich auf die Seite der Verlierer, 
auf die Seite der Ohnmächtigen und Verzweifelten.
Du stellst dich auf die Seite all derer, 
die heute zu Kreuze kriechen, 
die heute kein Bein auf die Erde kriegen, 
all derer, die heute festgenagelt werden. 
Inmitten einer Welt, 
in der die Schönen und Erfolgreichen alle Blicke
auf sich ziehen, richtest du meinen Blick auf die 
Leidenden dieser Welt. 

Dein Kreuz drängt mich,
ein Auge zu haben für die, die heute 
gefoltert und gekreuzigt werden, 
für die vielen, die heute 
unter ihrem Kreuz zusammenbrechen.
Dein Todesschrei am Kreuz drängt mich,
ein Ohr zu haben für die, die heute 
um Hilfe schreien,
die heute ums Überleben kämpfen. 
Dein Kreuz fordert mich auf, 
den Erschöpften auf die Beine zu helfen
und dem Hungernden ein Stück Brot zu geben. 
Es fordert mich auf, 
dem Verzweifelten Mut zu machen 
und dem Gescheiterten einen Weg zu zeigen. 
Es fordert mich auf, 
dem Schwerkranken die Hand zu streicheln
und dem Sterbenden 
eine Brücke ins jenseitige Leben zu bauen. 
Ja Herr, ich kann es nicht anders sagen:
- Dein Kreuz ist ein Segen für die Menschheit !

(aus:   Bardeler Fasten-Meditationen 2009)




Das verzeihe ich dir nie ... !

Das verzeihe ich dir nie:
    Du hast mich belogen;
    Du hast mich betrogen;
    Du hast mich verletzt;
    Du hast Rufmord begangen;
    Du hast meine Würde mit Füßen getreten.

Das verzeihe ich dir nie:
    Du hast nicht mit mir geredet;
    Du hast mir etwas verschwiegen;
    Du hast Geheimnisse vor mir;
    Du hast mich wie Luft behandelt;
    Du hast dich vor mir verschlossen.

Das verzeihe ich dir nie:
    Du hast mir nicht zugehört;
    Du hast mich nicht beachtet;
    Du hast nicht zu mir gehalten;
    Du bist mir in den Rücken gefallen;
    Du bist einfach weggegangen. 

Wenn Jesus so gedacht hätte,
    dann hätten sie die Ehebrecherin 
    damals gesteinigt;
    dann säße Zachäus immer noch 
    oben in seinem Baum;
dann wäre Petrus rausgeflogen
aus dem Kreis der Jünger;
dann hätten die beiden Jünger 
in Emmaus allein gegessen –
ohne Jesus.

Wenn Jesus so gedacht hätte, 
    dann wäre er Ostern nicht 
    zurückgekehrt ins Leben. 

Aber Jesus hat  n i c h t  so gedacht!

(aus:   Bardeler Fasten-Meditationen 2009
 )

 



Auferstehen

Die Zeit ist um, 
der Stein
längst weggewälzt, 
geblendet 
sind die Wächter. 

Die Zeit ist um, 
das Grab ist leer, 
gelöscht sind schon die Feuer. 

Die Zeit ist um,
er eine Sohn 
ist wieder Gott, 
geblieben sind das Kreuz, 
die Hoffnung
und die Trauer. 

(aus:   Paul Reding „Nebenan ist Jericho“
 )






E v a n g e l i u m    (Mk 16,1 – 8)
(Die Frauen am Grab des Auferstandenen) 

Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, 
und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben.

Am ersten Tag der Woche kamen sie so in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging. 
Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen? 

Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein, der sehr groß war, schon weggewälzt war. 
Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, 
der mit einem weißen Gewand bekleidet war – und sie erschracken sehr. 

Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. 
Er ist auf-erstanden und nicht mehr hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte.

Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem dem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; 
dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat. 

Sie verließen das Grab und flohen, denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. 
Und sie sagten niemand etwas davon, denn sie fürchteten sich.