Reisebericht 2009

Eine Reise nach St. Petersburg -
mit positiven und belastenden Eindrücken - und mit einem wichtigen Fest
Rückblick auf die Reise vom 27. November bis 5. Dezember 2009 zu den Straßenkindern
im Heim „Bereg - Das Ufer“ - von Pfr. Michael Schaefer - Caritas-Krankenhaus Lebach

 

Im diesem Jahr war es mühsam, einen Termin für unsere Reise in das für alle Touristen wundervolle St. Petersburg zu finden. Andererseits ist es eine Stadt mit tausend anderen - auch unschönen - Gesichtern, wenn man sie nicht erster Linie touristisch erkunden will, sondern „hinter die Kulissen“ schauen will und muss. Den von uns frühzeitig geplanten Reisetermin mussten wir verschieben, da noch eine Reise nach Südafrika anstand, deren Zeitpunkt wir nicht bestimmen konnten. Bei der Aktion der Saarbrücker Zeitung „Saarlands Beste“ bin ich für meine Arbeit mit den Straßenkindern für das Jahr 2008 zum Jahressieger gewählt worden. Dabei hatte ich eine zwölftägige Reise in dieses den meisten von uns wohl völlig fremde - aber ungeheuer faszinierende - Land mit seinen äußerst liebenswerten Menschen gewonnen. Nachdem ich mir diese Reise für 5.000,-- € selbst „abgekauft“ und das Geld an die Straßenkinder in „Bereg - Das Ufer“ überwiesen hatte, konnte es vom 6. bis 17. September losgehen. So gab es letztlich zwei Gewinner - nämlich auf der einen Seite unsere Kinder in „Bereg - Das Ufer“ und andererseits Marc und mich. Wir konnten unzählige und überwältigende Eindrücke in Südafrika sammeln. Einen kleinen Einblick (mit Text und Bildern) in diese Reise finden Sie übrigens auf meiner am Ende dieses Reiseberichtes angegebenen Hompage.
Wenn unsere Reise nach St. Petersburg dadurch auch etwas kürzer war, so gab es trotzdem wieder ungeheuer viel, was uns erwartete und was wir erlebten. Dabei gab es sehr viele positive und ebenso auch belastende Eindrücke und Erfahrungen - und ein angemessenes, aber wunderschönes Fest zum 15-jährigen Bestehen von „Bereg“. Es war für uns beide durchaus „gewöhnungsbedürftig“ mit dem Klima klar zu kommen, denn von den Temperaturen her war es schon „russischer Winter“, obwohl es noch keinen Schnee gab. Es war also ratsam, sich „warm anzuziehen“.
Das betraf allerdings nicht nur die äußeren Temperaturen, sondern zum Teil auch das, was uns im Heim erwartete. Galt es doch, wieder viele Dinge zu besprechen, zu klären und nicht zuletzt auch zu entscheiden, zumal dies der Hauptgrund für die jährlichen Reisen nach St. Petersburg ist.
Einmal mussten wir erfahren was es heißt, wenn das Heim „bis zum Rand“ voll ist und dass Kinder und Jugendliche daher nicht aufgenommen werden können, weil einfach kein Platz mehr frei ist. Für die jungen Leute heißt das dann in aller Regel weiter „auf der Straße“ zu leben, da es so gut wie keine anderen Einrichtungen dieser Art gibt und somit keine Alternativen. Um der Kälte und den Schneemassen nicht Tag und Nacht völlig ausgeliefert zu sein, verkriechen sich die meisten von ihnen in die Kanalisation, da es dort im Vergleich zu „oben“ wenigstens relativ warm ist.
Es ist längst zur guten Tradition geworden, dass Marc und ich die Tage in St. Petersburg nutzen, so viel wie möglich mit den Kindern zu unternehmen und ebenso mit ihnen und den Mitarbeitern auch viel Zeit im Heim zu verbringen. Beiden Seiten tun diese gemeinsamen Unternehmungen und das Zusammensein offensichtlich richtig gut - und das wohl auch deshalb, weil beide Seiten sich leider nur einmal im Jahr sehen und nur dann die „Familie“ konkret leben können. Die gemeinsame Zeit mit den Kindern und Jugendlichen sowie mit den Mitarbeitern ist nicht nur für mich und Marc sehr wertvoll. Einerseits erleben wir dadurch, dass wir nicht „irgendwo“ halt „irgendetwas“ tun, sondern dass die Arbeit einem klar umschriebenen Projekt dient mit konkreten Menschen, die dort leben und arbeiten. Andererseits ist es für sie wichtig, dass sich da nicht „irgendeiner“ für sie einsetzt und „halt Geld schickt“, sondern dass damit zwei eindeutige Gesichter verbunden sind und dass somit auf beiden Seiten Menschen sind, die sich kennen und zudem sehr schätzen.
Neben den angenehmen Dingen musste aber auch viel und hart gearbeitet werden - also all die Dinge besprochen, geplant und entschieden werden, die das Heim und die Arbeit sowie nicht zuletzt seine Existenz betreffen. Dabei stand wieder das Problem mit dem Mietvertrag für die Wohnung an, der zwar zum Ende des Jahres ausgelaufen war, der aber von den Behörden um zwei Jahre verlängert wurde. Aus welchen Gründen dies geschah ist rätselhaft, zumal unser Heim mitten in der Stadt liegt und Räumlichkeiten dort „heiß begehrt“ sind von allen möglichen Firmen. Im Moment ist die Wohnungsfrage zwar geregelt, aber leider eben nicht auf Dauer. Das hindert uns wiederum daran, dringend notwendige Renovierungen zu beginnen, da wir nicht gewillt sind, ca. 30.000,-- € in eine Wohnung zu investieren, aus der wir in zwei Jahren womöglich dann doch raus müssen. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass die Wohnungsfrage bzw. ein langfristiger Mietvertrag solche Probleme mit sich bringen könnte - doch „das ist nun mal Russland“. Ebenso ist es jedoch auch Russland, dass wir die Wohnung womöglich zu einem äußerst moderaten und für uns erschwinglichen Preis kaufen können. Das wäre uns am liebsten, da damit diese Frage für immer gelöst wäre.
Ein weiterer wichtiger Punkt war wie in jedem Jahr die Erstellung des Haushaltsplanes, der sehr viel Zeit beanspruchte. Dabei galt es, die Kosten für die berechtigten Belange des Heimes mit dem in Einklang zu bringen, was von mir finanziell geleistet werden kann und mit dem, was das Heim selbst als Eigenanteil von 25 % des Jahres-Budgets aufbringen muss. Nach langem Überlegen und vielem Rechnen haben wir für das Jahr 2010 ein Budget mit einem Gesamt-Volumen von 96.240,-- € beschlossen, bei dem ich 72.180,-- € und das Heim (in Form von Sachspenden) 24.060,-- € aufbringen muss. Für beide Seiten ganz sicher ein „dicker Brocken“ der geschafft werden muss und wobei ich wie immer auf die Hilfe vieler Spender angewiesen bin.
Der Höhepunkt während unserer diesjährigen Reise war für alle Beteiligten die Feier zum 15-jährigen Bestehen von „Bereg - Das Ufer“. In einem soliden Rahmen konnten wir in einem Konferenzraum des Novotels, der uns kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, ein sehr schönes und frohes Fest feiern. Unsere Kinder und Jugendlichen, die derzeitigen und manche frühere Mitarbeiter, viele Gäste von Behörden und Organisationen und eine Reihe ehemaliger Bewohner von „Bereg“ waren versammelt. Mit Wort und Bild wurde der Weg von den äußerst bescheidenen Anfängen bis heute noch einmal gegangen. Dabei wurde uns allen noch einmal richtig bewusst, was unsere Mitarbeiter, ich mit meinem Einsatz hier - und somit Sie alle - in den fünfzehn Jahren für die über fünfhundert junge Menschen geleistet haben, die in dieser Zeit in „Bereg“ waren und damit ein festes „Ufer“ für einen Neustart erreicht haben.
Den vielfachen Dank, der bei diesem Fest an Marc und mich ausgesprochen wurde und der auch sonst immer wieder zum Ausdruck kam, möchte ich heute gerne an Sie alle weitergeben, da Sie es ja letztlich sind, die durch Ihre Spenden uns diese Arbeit überhaupt erst ermöglichen! Es ist schade, dass Sie nicht mal einige Tage mit uns im Heim verbringen können, denn dann könnten Sie meine immer wieder geäußerte Aussage bestimmt verstehen: „Wenn wirklich nur etwas von all dem, was ich tue, sinnvoll und fruchtbar sein sollte, dann ist es ohne Zweifel mein Einsatz für die Kinder und Jugendlichen in „Bereg - Das Ufer“.
Ich hoffe, dass ich diese Arbeit mit Ihrer Hilfe noch lange leisten kann und wir so weiterhin für viele gestrauchelte Kinder und Jugendliche ein sicheres „Ufer“ sein können!
Michael Schaefer.
Straßenkinder - St. Petersburg
levo - Bank - Lebach
Kto. 50540200 - BLZ 59393000
IBAN: DE55 5939 3000 0050 5402 00
BIC: GENODE51LEB